Ein Haus aus dem 3D-Drucker: Kein Zukunftsgedanke, sondern bereits Realität. In Deutschland entstehen derzeit die ersten 3D-Druck-Häuser. Obwohl der 3D-Druck in Branchen wie dem Fahrzeugbau, der Konsumgüterindustrie oder in der Medizin längst Einzug gefunden hat, ist das für die meisten von uns noch unvorstellbar. Ist ein Drucker nicht eine Maschine, die Papier bedruckt? Wie kann das sein und wie funktioniert das eigentlich? Wir berichten in diesem Artikel darüber, wie der 3D-Druck die Baubranche erobert.

Das erste Haus in Deutschland aus dem 3-D-Drucker

Im westfälischen Beckum wird gerade das erste Haus in Deutschland fertiggestellt, das fast komplett aus einem 3D-Drucker stammt. Das Gebäude entstand also nicht Stein auf Stein, sondern Wulst auf Wulst. Es bietet stattliche 160 Quadratmeter Wohnfläche, verteilt auf zwei Stockwerke. „Der reine Druckprozess hat ca. 100 Stunden gedauert“, sagt Architekt Waldemar Korte von Mense-Korte in Beckum. Er betreute den Bau federführend und ist somit einer der ersten, der sich an solch ein Projekt gewagt hat. Einen Meter pro Sekunde schafft der Drucker theoretisch. Jedoch hat der Mörtel nicht genügend Zeit, um auszuhärten, wenn die Geschwindigkeit zu hoch ist. Folglich kann er die Folgeschichten nicht aufnehmen und das führe zu keinem guten Ergebnis. „Meistens drucken wir die zwei Zentimeter hohen Druckspuren mit 25 bis 40 Zentimeter pro Sekunde“, sagt Korte.

Man verwendet dafür einen speziellen, schnell härtenden Beton. Diesen trägt man mit einer hohen Zementbeimischung  aus der Düse eines zwei Zentner schweren Druckkopfes Schicht für Schicht auf. Die rechtwinklig angebrachten Achsen des Riesendruckers haben eine Länge von jeweils 15 Metern. Das begrenzt ihre Bewegungsfreiheit und somit auch den Umfang des Bauwerkes. Aber das könnte sich in Zukunft ändern.

Dank präziser Programmierung weiß die Maschine genau, wie sie sich im Raum bewegen muss. Darüber hinaus weiß sie, wo sie maßgerechte Aussparungen für Fenster und Türen, Kabel und Rohre lassen muss. Die beim konventionellen Bau übliche Betonschalung fällt weg und spart somit Material, Zeit und Arbeitskraft ein. Korte bezeichnet die Aussage, dass die neue Bauweise das Bauen um ein Drittel billiger mache, allerdings als unseriös. Schließlich machen die Rohbaukosten bzw. der Druck selbst nur etwa ein Drittel der Gesamtbaukosten aus.

Haus aus dem 3-Drucker: Jede Haus-Form ist machbar.

3D-Drucker-Haus

Das erste deutsche Wohnhaus aus dem 3D-Drucker wird derzeit im westfälischen Beckum fertiggestellt. Bild: Mense-Korte GbR, ingenieure + architekten

Die Formgebung eines Hauses aus dem 3-Drucker ist sowohl innovativ als auch attraktiv. Sanfte Rundungen anstatt kantiger Ecken und die Möglichkeit, jede Form zu realisieren, klingen vielversprechend. „Innerhalb des rechteckigen Druckersystems kann sich der Druckkopf über die X- und die Y- Achse an jeden Punkt des Druckraums bewegen“, sagt der Fachmann Korte.

Kein Wunder, dass auch die Politik im 3D-Druck eine zukunftsorientierte Sparte der Baubranche sieht, mit der man schneller und kostengünstiger Wohnraum schaffen könnte. So bezuschusste das Land Nordrhein-Westfalen den Prototyp in Beckum mit 200.000 Euro. Noch ist das Haus aus dem Drucker teurer als ein übliches Haus. Das liegt vor allem an dem teuren Druckmörtel, der in kleinen Mengen hergestellt und aus Italien importiert wird. Ferner an der noch begrenzten Verfügbarkeit von Druckern.

Die momentanen Grenzen der neuen Technik erklärt Waldemar Korte wie folgt: „Der Drucker kann nur in die Höhe bauen. Alle horizontalen Betonbauteile wie Bodenplatte, Decken und das Flachdach, ebenso wie Treppen und Dämmung werden weiterhin auf herkömmliche Weise hergestellt“. Jedoch druckte man in Beckum Teile der Inneneinrichtung gleich mit. „Und zwar einen Teil des Kamins, der Küche und die Abseite der Badewanne“, so der Architekt.

Haus aus dem 3D-Drucker: Serienreife in zwei bis drei Jahren

Bis die 3D-Drucktechnologie den konventionellen Bau ablösen kann, ist noch einiges zu tun. Jedoch gehe das erstaunlich schnell. „Die Serienreife erreichen wir in zwei bis drei Jahren“, prognostiziert Korte. Doch wie sieht das Thema Nachhaltigkeit bei 3D-Druck aus? „Beton gilt in der Herstellung nicht als besonders umweltfreundlicher Baustoff“, erklärt Korte. „Im Hinblick auf die Lebensdauer eines Betonhauses jedoch, relativiert sich der höhere CO2-Einsatz.“ Auch bezüglich der Energieeffizienz brauche sich das Haus aus dem 3D-Drucker nicht zu verstecken. Die Bilanz entspräche einem Niedrigenergiehaus KFW 55. Zudem könne das Haus samt Schaumglasschotter-Dämmung komplett recycelt werden.

Bis es soweit ist, vergeht aber noch viel Zeit, schließlich beträgt die Lebensdauer eines 3D-Druck-Hauses immerhin ca. 80 Jahre. Die künftigen Bewohner des modernen Hauses können sich rundum wohlfühlen, denn Beton ist ein wohngesunder Baustoff.  „Gekoppelt mit einer Lüftungsanlage passt dann auch die Raumfeuchte“, ergänzt Korte. Er würde definitiv in ein 3D-Druck-Haus einziehen, erklärt der Architekt auf Nachfrage der RE/MAX-Newsletter-Redaktion.

Das Haus in Beckum kann noch bis zum ersten Dezember 2022 besichtigt werden. Danach ziehen die Käufer ein, ihnen sei das Gebäude bereits versprochen. Ebenfalls fertiggestellt wird dieser Tage ein dreistöckiges Mehrfamilienhaus im bayerisch-schwäbischen Wallenhausen. Es bietet 380 qm Wohnfläche für fünf Familien. Laut der Firma Peri aus Weißenhorn, handele es sich um das größte gedruckte Wohnhaus in Europa. Firma Peri hat den 3D-Drucker mitentwickelt und weiß also, wovon sie spricht.

Vorreiter der Hausdrucktechnologie ist übrigens die Firma Icon aus Texas, USA. Sie errichtete bereits im Herbst 2018 das erste genehmigte Haus aus dem 3D-Drucker. Als erste europäsche Bewohner konnte ein niederländisches Pärchen vergangen Mai ein 3D-Druck-Haus beziehen. Insgesamt fünf Prototypen des Projekts „Milestone“ sollen in Bosrijk, einem Vorort von Eindhoven, entstehen. Auch mit anderen Baustoffen, wie zum Beispiel biobasiertem Kunststoff, druckt man mittlerweile. Ein New Yorker Start-up-Unternehmen hat einen komplett recycelbaren Bio-Kunststoff entwickelt, der aus natürlichen Rohstoffen der Umgebung gewonnen wird.

 

Quellen: Mense-Korte GbR, br.de, youtube.com, focus.de, tagesschau.de, schoener-wohnen.de, myhomebook.de, t3n.de, die-glocke.de, wohnglueck.de, 3ddrucker.de